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Reaktion
Seltsam fremd ift mir die Erde
in der süßen Maienwonne,
Wenn die Nachtigallen schlagen,
Wenn am Busch der Flieder blüht.
In der füfjen Hlaienzeit
ift mein Illund wohl rot von Kühen,
Brennt mein Leib vor trunkner Sehnfucht,
Aber meine Seele fchweigf.
meine Seele lebt in jener
Unvergänglich füllen Trauer,
Die kein Rauich der Blütennächte
Und kein Dachen übertönt;
Sener großen, lebensfremden
hebensflucht und Glücksverneinung,
Die Asketen, Welfverächfer
in die Klofferzellen zog.
Hing der Frühling an die Büfche
Weih und lila Fliedertrauben
heuchtefen die ernffen Augen
Flüchtig auf in henzesluff;
Strahlten auf — und luchten wieder
Still mit tiefen Forfdierblicken
In den alten Weisheitsbüchern
Alles hebens Quell und Ziel.
Seltfam fremd ift mir die Erde
in der grünen Illaienwonne,
Aber heih fühl’ ich ihr Sterben
In dem kühlen, braunen Herbft.
Flachts, wenn härm und Qual der Srohkta6t
Ausgetobt hat und verraufcht ift,
Schreit’ ich einfam aus dem Haufe
in den nahen, dunklen Park.
Dunkelheit der Herbffesnüchte I
Braunes, dichtes, weiches Dunkel,
Leicht durchwallt von Debelffreifen,
in den fchmalen Sängen webt.
Kühle Luft der Herbffesnüchte!
Unausfprechlich rein und kraftvoll,
Herb vom bitfern moderdufte,
Der aus toten Blättern fteigt!
Hber rings das grohe Sterben
Wedet in meiner ftarren Seele,
Die noch lebt und die noch jung ift,
heidenfchafflichen Proteft,
Rote, lachende Empörung
Segen refignierte Trauer,
Sehnfucht, die aus Herzensgründe
Dach lebend’ger Luft begehrt.
Und mit frühlingsfrohem Herzen
Und mit bebend heilem munde
Flüftr’ ich in die Dunkelheiten
Einen holden Damen: Hermann….