Die Starken
„DIE STARKEN.“ Ein Athletenroman von Dolorosa. Leipziger Verlag. G. m. b. H. Preis geheftet K 3 60. – Dolorosa, eine von den schreibenden Frauen, die damitposieren, daß sie die Hüllen von den Weiberseelen reißen, hat es diesmal auf das Verhältnis ihrer Geschlechtsgenossinnen zur animalischen männlichen Kraft abgesehen. Die Weiber und die Ringkämpfer: Gierig sitzen die holden „Unverstandenen“ im Berliner Odeontheater, verlieren angesichts der schwitzenden Riesenleiber alle Fassung, senden dem brutalsten Kerl, einem ehemaligen Zuhälter, dutzendweise Einladungen zu Rendezvous; der stiernackige Münchener Binder schleppt eine Aristokratin als seine Geliebte in der Welt herum, prügelt und demütigt sie, und sie verehrt ihn, bis sie ihn im Wahnsinn erwürgt; Hermann Thyssen, der stolze und schöne rheinländische Champion, hat „eine lebenslustige Königin an seiner Brust gehalten“; Roland, ein niedersächsischer Student, der als Theaterdichter kein Glück hat und sich nun auf seine Muskeln und seine zwei Meter Körpergröße besinnt, erwirbt als Ringer nicht nur die Bewunderung von Dirnen, sondern auch die echte, tiefe Liebe eines ehrenhaften Bürgermädchens, das dann allerdings dem Milieu eine Konzession macht, indem es eine Zeitlang als Maitresse eines reichen Russen das Leben studiert, ehe es dem Geliebten die Hand zum Ehebunde reicht. Was daran Wahrheit und was Dichtung, Ausschweifung der Phantasie ist, sei dahingestellt. Dolorosa liebt es ja, die Farben dick aufzutrageu. Jedenfalls ist dieser Roman geschickt gemacht. Die Verfasserin hat zweifellos Einblick in die Kreise des Berufsringertums gewonnen, und sie schildert die Anschauungs- und Lebensweise dieser Männer, die geschäftlichen und sportlichen Verhältnisse innerhalb der Truppen in einer Weise, die bei dem großen Interesse, das dem Ringertum entgegengebracht wird, ihrem Buche einen weiten Leserkreis sichert.
Allgemeine Sport-Zeitung, 28. Jahrg., 1. Dezember 1907, Nr. 107, S. 1449. Online