Präludium
Zur dritten Ausgabe
Ich sang noch nie ein Liebeslied,
Das rauschend lockt, wie Meereswellen,
Und habe forschend doch gekniet
An neuen starken Lebensquellen;
Und trank doch selbst im Höhenland
Aus firnenkalter Gletscherflut,
Und schöpfte doch mit tapfrer Hand
Aus Quellen, heiss wie Lavaglut.
Ich wollte mit des Liedes Tönen
Viel lieblos arme Herzen rühren,
Und die in Sehnsucht einsam stöhnen,
zu freier wilder Lust verführen.
Und die Liebe hat gekränkt,
Und die Schmerzenskelch begehren,
Mit Wermut und mit Blut getränkt,
Wollt‘ ich die Lust am Leiden lehren.
Ich habe ernst und heiß gerungen
Nach Wort und Tönen, stark und schlicht;
Mir ist das Lied noch nicht gelungen,
Ich fand die Melodie noch nicht.
Und wenn ich Nachts verzweifelnd stöhne
In Kämpfen, die kein Auge sieht:
Ich ahne Reime, höre Töne,
Doch fügen sie sich nicht zum Lied.
Ob es wohl eine Sünde war,
Daß ich den Hochmut nicht bezwang?
Ich träumt‘ ein Lied, so wunderbar,
Wie es vorher noch keiner sang.
Ich träumt‘ auch mit Begehrlichkeit
Für mich von Rihm, für mich von Glück:
Da kam zu mir viel Schmerz und Leid
Und wenig Segen kam zurück.
– Ich weiß, ich finde noch einmal,
Ich finde noch einmal das Lied. –
Das ist nun meines Herzens Qual,
Das ist die Angst, die mich durchglüht,
Das ist die Furcht, die mich durchloht:
Daß dann, eh‘ ich sie rein gestimmt,
Mir mitleidslos der bittre Tod
Die Leier aus den Händen nimmt…..