Laubhütten

Laubhütten

2. Esra 8, 15-17.

Und als der Abend nahte feierlich,
Stieg in uns auf ein Frieden ohne gleichen;
Denn über unsern Häuptern wölbte sich
Ein grünes Dach von dichtbelaubten Zweigen.
Wir, die wir heimatlos durch alle Welten,
Freudlos und rastlos durch die Länder irrten,
Wir ruhten unter heimatlichen Zelten
Von Palmenzweigen und von duft’gen Myrten.

Da hat sich jedes Herz zu Gott gewandt,
Und jedes ward von heißem Dank gerührt,
Daß uns der Herr in uns’rer Väter Land,
Aus der Verbannung endlich heimgeführt;
Und plötzlich ward im Volk ein Jubel wach,
Der durch die Täler brauste tausendtönig,
Der von den Bergen hallte tausendfach:
„Dank, Dank sei unser’m Gott, der Juden König!“

… Ich aber küßte selig deinen Mund
Und deine Stirn und deine blonden Haare,
Und meine kranke Seele ward gesund
von allem Leid vergang’ner Wanderjahre.
Die Palmen und die Myrten hielten wacht,
Als uns’re große Sehnsucht sich erfüllte
In jener feierstillen Herbstesnacht. – – –
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Verl. M. Lilienthal
Dolorosa.
Berlin.

Jüdisches Volksblatt (Wien), 5. Jahrg., 9. Oktober 1903, Nr. 41, S. 1. Online